Ein typischer Shattered Prophecy Abend Ela 2. November 2016 Shattered Prophecy Eine der häufigsten Anfragen der letzten Tage lautete: „Wie genau läuft das Spiel denn nun ab? Es sind zu wenig Infos da!“ Ich möchte euch daher einen kleinen Einblick verschaffen, wie so ein typischer Abend bei uns aussehen kann. Der Alptraum beginnt Freitag Abend, 20.30 Uhr, irgendwo im schönen Köln. Volles Haus heute, außer dem Erzähler sind fünf (von derzeit sieben) Jungs und wir zwei Mädels da. Ein Blick auf das Whiteboard an der Wand zeigt uns den Namen der heutigen Folge: „Torn apart, devoured and spat out“, Season 2, Finale. Das kann ja heiter werden.. Nach dem üblichen Vorgeplänkel (Charaktere überarbeiten / neu fertigen, allgemeines Quatschen, Essen bestellen) geht es endlich los. Laut schallt das Intro der aktuellen Staffel (derzeit die Titelmelodie der Serie Daredevil) durch den Raum und läutet damit das Beenden des Quasselns ein. Gespannt richten sich alle Blicke am langen Tisch auf den Erzähler Mauro, der wie üblich unser Schwarmgehirn Dominik auffordert, den Inhalt der letzten Folge kurz zusammenzufassen. Die drei Szenen von letzter Woche werden in wenigen Sätzen rückblickartig präsentiert, dann folgt der Einblick in die erste Szene des heutigen Abends. Mit Mauros Einführung gibt es gleichzeitig noch ein etwas präziseres in-Erinnerung-rufen, eine detaillierte Beschreibung für uns „Zuschauer“. Die vläamische Hölle „Wir beginnen unseren Abend in Vläamen. Die Stadt Vaskantije steht unter der Belagerung einer entsetzlichen Ausgeburt des Jul, eines Geistes. Zwischen den verbliebenen Eingeweiden der ehemals stolzen Herzogstadt waten vier in sich gekehrte Gestalten durch einen Sumpf aus Gewalt und Alpträumen. Dicker, schwarzer Regen rinnt an ihrer Kleidung herab und leckt über ihre Haut wie obszöne Zungen eines abscheulichen Dämons. Das Ziel ist einfach, es zu erreichen fast unmöglich. Sie sollen dieses wahr gewordene Grauen, das Vaskantije vor wenigen Tagen befiel, eindämmen. In Begleitung eines jungen Corona, dessen Kleidung ihn als einen gesetzlosen Gaucho auszeichnet, befinden sich ein unscheinbar wirkender vläamischer Soldat und zwei seltsame Gestalten. Die Aufgabe des Soldaten besteht lediglich darin, das Überleben seiner Begleiter zu sichern. Eine der Gestalten hat eine Hautfarbe, die abgenagten Knochen gleicht. Rotädrige Augen starren hinter langen, dünnen Haaren nach vorn, fokussieren eine unbekannte Bedrohung in der Ferne. Die Knochen seines Brustkorbs heben und senken sich mit jedem Atemzug und spannten das Fleisch seines Oberkörpers beängstigend weit. Die Frau hingegen scheint so ängstlich wie der Gaucho zu sein, als könne sie selbst die Situation nicht einschätzen. Es ist gefährlich, wenn Menschen wie sie Angst verspüren, Menschen mit Kräften, die weder der Gaucho noch der Soldat je verstehen werden. Die kleine Gruppe befindet sich auf dem Weg zu ihrem Ziel, dem Tempel des schlafenden Gottes, einer abscheulichen lokalen Gottheit, die tatsächlich physisch im See hinter dem Tempel zu existieren scheint. Der Krieg gegen Worgund hat unermesslichen Schaden am stolzen Volk der Vläamen angerichtet und Vaskantije ist ein Paradebeispiel für die Schrecken des Krieges. Doch sie haben kaum Zeit, sich damit auseinanderzusetzen. Orte des Entsetzens ziehen wie in einem Panorama an ihnen vorüber, als sie sich einen Weg weiter nach vorn durch die Straßen bahnen. Mit einem Mal werden sie aus ihrem tranceartigen Zustand gerissen, als eine Stimme aus den Trümmern zu hören ist. „Hey! Ihr da! Ja, ihr! Kommt hier rüber!“ Ah. Schon nach den ersten drei Sätzen wissen wir, wer dran ist. Betroffen sind zunächst Chris, Claudio, Dominik und Jenny, die die entsprechenden Charakterbögen heraussuchen. Der Rest hört aufmerksam zu, während die vier sich mit ihren Entscheidungen Stück für Stück ins Verderben reißen – was sie natürlich jetzt noch nicht wissen. Auf dem Weg durch eine halb zerstörte Stadt ist das Quartett nun einer Patrouille ins Auge gefallen. Mauro lässt Carsten, Lucas und mich verdeckt jeweils drei Sozialkarten ziehen. Ich schaue meine an – geizig, fanatisch und dumm – und entscheide mich, geizig abzuwerfen. Die anderen beiden wählen ihre zwei Charakterzüge aus, werfen die dritte Karte ab und versetzen uns in die NSC-Rolle. Fanatisch-dumme Patrouille, das passt doch. Sofort habe ich ein Bild vor Augen, wie der Statist aussieht und sich verhält und agiere entsprechend. Offenbar sind die Spieler heute nicht auf Ärger aus, sie versuchen es zunächst auf dem diplomatischen Weg. Ich vermute, dass Carsten eventuell „autoritär“ und „verlogen“ gezogen hat, auf jeden Fall lässt sich die Gruppe nach kurzer Diskussion aus dem Regen heraus in einen halbwegs intakten Raum führen. Offenbar die wackeligen Reste eines Chemielabors, überall stehen Kanister mit Warnzeichen herum. Nach ungefähr fünfzehn Minuten Diskussion zwischen den beiden Parteien schafft Lucas es, die Spieler so auf die Palme zu bringen, dass ein Kampf ausbricht (ich tippe auf „aggressiv“ und „paranoid“), während Mauro als Erzähler grinsend da sitzt und der Eskalation ganz entspannt zusieht. Seit dem Intro hat er noch nicht ein einziges Mal in die Handlung eingegriffen. Auf zur Schlachtbank Die Mitte des Tischs wird von Charakterblättern und Würfeln befreit, damit wir an die laminierte taktische Karte, unsere „Kampfmatte“, kommen. Mauro zeichnet die Umrisse des Raumes ein und legt die kleinen Charaktersteinchen auf die jeweilige Position der Menschen. Anschließend verteilt er die Initiativekarten. Jeder bekommt drei, außer Chris, dessen Bravado eine Klassenfähigkeit besitzt, die ihn schneller handeln lässt und der somit vier erhält. Ich schaue auf meine, eine 7, eine 12 – und den Käfig. Verdammt. Ich werfe alle Karten ab und teile dem Rest mit, dass ich diese Runde aussetzen muss. Schadenfrohes Gelächter seitens der Spieler, ja ja. Jetzt sind es nur noch zwei gegen vier. Mauro beginnt, rückwärts runterzuzählen: 20.. 19.. Chris ruft „hier“ und deckt eine Karte mit der 19 auf, während er sofort erklärt, was sein Charakter tun wird. In diesem Fall entscheidet er sich zunächst für eine Bewegungsaktion und schiebt sein Charaktersteinchen drei Hexfelder weit auf meinen kleinen Fanatiker-NSC zu,der offensichtlich zu dumm ist, um zu begreifen, dass ein Kampf begonnen hat. Anschließend führt er eine Attacke aus und würfelt eine 15. Nach einem Blick auf seinen Charakterbogen fragt er mich, ob eine 28 trifft. Da ich im Moment keinen „named-Gegner“ spiele, würfele ich meinen W20 gemeinsam mit einem W10, der für den Rest des Kampfes als Fähigkeitsmodifikator gilt. Eine 13 und eine 7. „Ja, du triffst“, antworte ich, und stecke tapfer die 3W6 Schaden ein. Damit ist sein Zug vorbei und Mauro zählt weiter. Als er bei 15 ankommt, rufen Jenny und Lucas gleichzeitig hier. Lucas hat die „normale“ 15 und darf beginnen. Er bewegt sich auf Dominik zu und greift an: Er würfelt eine 20, ein sogenannter „Natural“. Ein weiterer Wurf bestätigt den kritischen Treffer leider nicht, so dass er „nur“ doppelten statt vierfachen Schaden anrichtet. Dominiks Rüstung hält einen Großteil ab, nun ist Jenny dran. Auf ihrer 15 steht ein Zusatz – Kampfereignis SG 20. Da das Ereignis bei einer Spielerinitiative geschieht, sind wir NSC betroffen. Mauro beschreibt, wie sich ein Riss in der Decke plötzlich verbreitert und Teile des Betons nach unten stürzen. SG (= Schwierigkeitsgrad) 20, zwei von drei NSC schaffen den Wurf. Carsten kommt nur auf eine 17, wird von einem großen Brocken am Kopf erwischt und geht benommen zu Boden. Anschließend ist Jenny mit ihrem normalen Zug an der Reihe. Ihre Okkultistin gehört zu den zaubernden Klassen, und vor ihr auf dem Tisch liegt das Tabula, das sie zum Zaubern benötigt. Alle drei Karten auf ihrem Deck zeigen „Raumzeit“. „Ich verzögere meinen Zug“, sagt sie und Mauro zählt weiter. Bei 14 ruft Dominik „hier“, bewegt seinen Charakterstein vor Jennys und zieht sein Schwert. Bei 13 melden sich Claudio und Jenny zeitgleich. Carsten hat offenbar heute Pech mit seinen Karten, er war noch kein einziges Mal dran. Claudio hat die normale 13 und beschreibt, dass er einen der Kanister auf Carsten werfen möchte, würfelt dann aber eine 1 – Patzer. Der Wurf verfehlt den NSC und landet stattdessen auf einem anderen Kanister, was eine gewaltige Explosion auslöst. Jenny fragt, ob sie ihren Zauber noch durchbringen kann, da sie den letzten Zug verzögert hat und nun auch als nächstes dran wäre. „Ich möchte einen Teleport-Zauber wirken, der uns vor die Stadt bringt.“ Nach Mauros Zustimmung würfelt sie, schafft den Schwierigkeitsgrad aber nicht. Das zweite Feld des Tabulas löst den Regeln zufolge eine Wirrnis aus. Mauro lässt sie auf einem W100 würfeln und schlägt das Ergebnis in der Tabelle nach. Das breite Grinsen verheißt nichts Gutes.. Jenny und Dominik, der nah genug bei ihr stand, verschwinden aber tatsächlich aus dem Raum, der von der Explosion in Stücke gerissen wird – mit allen, die sich noch darin befinden. Claudio ist leicht genervt – schon der dritte tote Charakter diesen Monat. Mauro beschreibt sehr ausführlich, wie sich Jennys Charakter materialisiert und anschließend heftige Übelkeit verspürt.. kurz bevor sie eine Art bläulichen Embryo aus ihrem Mund spuckt, dessen Nabelschnur sich noch in ihrem Rachen befindet. Auf die Frage, was sie tut, erklärt Jenny, dass sie angeekelt die Nabelschnur durchbeißt und sich erst einmal übergibt. Anschließend entscheidet sie sich dafür, sich um das Baby zu kümmern und deklariert es als Wunder. Während ich bei der ausführlichen Beschreibung mit meinem hyperaktiven Kopfkino leicht grün um die Nase Mauros Gesichtsausdruck betrachte, schätze ich, dass die Aktion wohl noch Konsequenzen haben wird. An dieser Stelle endet die Szene und die Kamera in unseren Köpfen schaltet weiter. Diese Nacht endet nie Mauro läutet die nächste Szene ein: Über den Zinnen der verbliebenen Gebäude erstreckt sich ein stürmischer Himmel, der in unregelmäßigen Abständen von weißglühenden Adern des Unwetters durchzogen wird und die Nacht erhellt. Jedes Mal, wenn die Wolken zu leuchten beginnen, sehen wir auf das grauenhafte Ding, das mehrere hundert Meter über der Stadt in den Lüften wabert: Eine auf dem Kopf stehende Pyramide, schwarz wie das Wasser unter ihr. Es braucht nicht lang, um den Eindruck zu gewinnen, dass diese Blasphemie eine organische Natur hat. Sie kann bluten – und das tut sie auch. In dickflüssigen Bächen strömen amorphe Kreaturen aus ihren schwarz eiternden Poren und fallen wie Krähen über das Gerippe der zerstörten Stadt hernieder. So muss das Ende der Welt aussehen. Doch dies ist nicht das Ende. Dies ist erst der Anfang. Vor uns öffnet sich die Straße zum Rathausplatz. In der Mitte sehen wir die Statue des Stahlkaisers. Die Brust ist entzweit, das Gesicht entstellt – Merkmale eine Schlacht, die hier noch vor Minuten stattgefunden haben muss. Doch Leichen sehen wir keine. Wieder wissen wir nach den ersten Sätzen, wessen Auftritt gerade beschrieben wurde und sortieren die entsprechenden Charakterblätter nach oben. Und tiefer geht es hinein in die Welt der Alpträume – wer braucht schon Schlaf… Hinterlasse eine Antwort Antwort abbrechen Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName Email Webseite Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.