Herzlich willkommen zu FORETOLD im Interview, Lucas! Erst einmal vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, unseren Lesern ein paar Eindrücke über Shattered Prophecy zu geben.

 

FORETOLD: Erzähl ein bisschen von dir, wie kamst du zum Hobby Rollenspiel? Was hat dich dazu gebracht, schon seit Jahren als Spieltester für Shattered Prophecy zur Verfügung zu stehen?

 

Lucas: Moin! Dann starte ich mit einer kleinen Einführung zu meiner Person. Ich bin 27 Jahre alt und befinde mich in meinem 13. Hochschulsemester mit der Hoffnung, bald mein Masterstudium in Medienforschung abgeschlossen zu haben. Meine Freizeit ist vor allem mit diversen darstellerischen Tätigkeiten vollgepackt. Neben einem Youtube-Channel und einem Podcast füllt eben auch Rollenspiel meine freien Stunden, ich finde Pen&Paper und LARP gleichermaßen interessant. Meine erste Erfahrung in Sachen Rollenspiel habe ich mit elf Jahren gemacht, als mein älterer Bruder damals das DSA2-Regelwerk von einem Kumpel ausgeliehen hatte. Wir trommelten ein paar Nachbarskinder zusammen und starteten unsere erste Rollenspielrunde im Kinderzimmer meines Bruders.

Mittlerweile habe ich die gängigsten Regelwerke bespielt.

 

Zu Shattered Prophecy: Vor etwa fünf Jahren wurde ich gefragt, ob ich bei einer Rollenspielrunde mit eigenem Regelwerk teilnehmen möchte. Was mich dazu gebracht hat, dem System seit Jahren treu zu bleiben? Abgesehen von meinen Mitspielern, die ich mittlerweile zu meinem engsten Freundeskreis zähle, würde ich zwei Hauptgründe nennen. Es ist einfach sehr erfüllend, an innovativen Umsetzungen von Charakterkonzepten zu arbeiten und sie ausprobieren zu können. Das Spielen verschiedener Rollen, teils mit hoher Entscheidungsgewalt, fordert einen außerdem immer wieder aufs Neue und führt dazu, dass man zwischen den Rollenspielrunden Gesprächsstoff hat.

 

Das Gesamtpaket stimmt einfach!

 

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FORETOLD: Wir hören immer wieder, dass Shattered Prophecy sich von anderen Rollenspielen unterscheidet. Was sind für dich die Hauptunterschiede?

 

Lucas: Da fallen mir mehrere Gründe ein, aber ich würde es einmal auf die diversen Konzeptionen von Charakterklassen und den Spielablauf herunterbrechen.

Jede Charakterklasse ist sehr durchdacht und in sich einzigartig, daher ist es auch kein Wunder, dass wir Testspieler teilweise ein bis zwei Monate auf einen neuen Archetypen warten müssen. Dafür ist man immer wieder überrascht, welche neuen Spielmechaniken ein Archetyp so mit sich bringt. Bestes Beispiel dafür ist der Okkultist, der seine Zauber mithilfe eines Kartendecks wirkt. Das war tatsächlich ziemlich cool.

 

Jetzt zum Spielablauf. Eine Sache, auf die sich ein Spielleiter, der sich für SP entscheidet, einlassen sollte: Kontrolle abgeben. In SP werden viele wichtige NSC-Rollen von Spielern übernommen. Möglich wird das dadurch, dass sich nicht alle SC an einem Ort befinden, sondern in zwei oder mehr Storylines verteilt sind (ähnlich wie bei Serien).

Das Spielen von NSC, und sei es auch nur der Wirt einer ranzigen Pinte, macht einfach mega viel Bock – vor allem, wenn man die Möglichkeit bekommt, endlich mal seine unliebsamen Mitspieler zu ärgern.

 

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FORETOLD: Typisch für Shattered Prophecy ist ja die große Anzahl an Charakteren, die von einem einzelnen Spieler verkörpert werden. Wie empfindest du diese Eigenschaft des Spiels?

 

Lucas: Ziemlich cool, aber auch manchmal etwas herausfordernd. Zur Erklärung: Ich spiele mittlerweile etwa acht verschiedene Charaktere, Langeweile bekomme ich also nicht. Die Vielzahl an Charakteren bringt einen dazu, die Welt und die Geschichte aus den verschiedensten Perspektiven zu betrachten. In einer Szene spiele ich den worgundischen Stahlkaiser, der beschließt, einen Krieg gegen Dormaa zu führen. In der nächsten Szene ist es ein dormischer Soldat, der nun als Folge in den Krieg ziehen muss. Die Worte eines Herrschers können den Tod von Vielen bedeuten. Ganz schön krass, wenn man darüber nachdenkt. Vor allem, wenn man versucht, sich in beide Perspektiven zu versetzen.

 

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FORETOLD: Viele unserer Archetypen nutzen einzigartige Regeln, die das Feeling der Profession widerspiegeln sollen. Gibt es einen Archetyp, der dir besonders gut gefällt? Wenn ja, was genau findest du daran faszinierend?

 

Lucas: Es gibt einen Archetyp, der mich schon seit der ersten Runde fasziniert und es immer noch tut, obwohl sich seit damals viel am Regelwerk geändert hat: die Silberzunge. Die meisten Regelwerke behandeln Sozialspiel etwas stiefmütterlich und konzentrieren sich eher auf Fähigkeiten, die es dem Charakter ermöglichen, seinen Gegner besonders gut umbringen zu können.

Die Silberzunge macht es genau umgekehrt. Alle Fähigkeiten dieses Archetyps sind darauf ausgelegt, irgendeinen Vorteil im Sozialspiel zu bekommen. Das kann einem ein extrem befriedigendes Gefühl geben. Du kannst vielleicht nicht kämpfen, dafür deinen Gegenüber ganz schön übers Ohr hauen.

 

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FORETOLD: Unsere Leser konnten Shattered Prophecy bislang natürlich leider noch nicht selbst testen. Kannst du ihnen aus deiner Sicht die Atmosphäre der Welt und des Spiels als solches beschreiben? Gibt es Setting-Elemente, die dir besonders gut gefallen?

 

Lucas: Wie auch bei anderen Rollenspielen hängt die Atmosphäre bei Shattered Prophecy von der Situation und dem Ort, der grad bespielt wird, ab. Häufig findet man sich als Spieler in kriegs- und katastrophenversehrten Gebieten wieder, in denen die Charaktere irgendwie versuchen zu überleben bzw. ihre Ziele voranzutreiben. Hinter jeder Ecke könnte ein Irrer stehen, der einem mit einem Knüppel den Schädel einschlagen könnte, oder irgendein krankes Mistvieh, das aus irgendeinem Loch gekrochen kommt. Ich würde die Atmosphäre als düster beschreiben.

 

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FORETOLD: Der W20 als Hauptwürfel und das „Klassensystem“ von Shattered Prophecy erweckt bei manchen Leser den Eindruck, das Regelwerk wäre mit D&D oder DSA vergleichbar. Immerhin gibt es in Shattered Prophecy auch Stufenaufstiege und der eigene Charakter definiert sich – zumindest zum Teil – über seine Archetypenwahl. Wie empfindest du das?

 

Lucas: Naja, der W20 ist eben einer der gängigsten Würfel und natürlich existieren Parallelen zu anderen Rollenspielen. Es ist halt immer noch ein klassisches Pen&Paper-Rollenspiel. Viel interessanter sind ja die Dinge, die SP anders macht. Wenn man sich das System anguckt, wird man immer wieder feststellen, dass die Entwickler versucht haben, über den Tellerrand zu schauen. Die kleinen Innovationen, die immer mal wieder in den Regeln auftauchen, machen das System zu etwas Besonderem. Stichwort: Kartendeck statt Zauberliste.

 

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FORETOLD: Wir haben jetzt viel über Charaktere und Regeln gesprochen. Zum Abschluss würde uns interessieren, ob es einen Charakter gibt, der dir besonders viel Spaß macht zu spielen und falls ja, warum?   

 

Lucas: Hm… Ich weiß nicht ob ich EINEN Lieblingscharakter habe. Wobei ich sagen muss, dass mein “Sohn des Stahlkaisers” Edelwolf Byrghardt wahrscheinlich für die größte Unterhaltung sorgt. Wo hat man schon mal die Möglichkeit, innerhalb einer Ratssitzung den zukünftigen Verlauf der nächsten Kampagne zu bestimmen, weil du gerade Zoff mit deinem Nachbarland anfängst? Das war schon ziemlich episch und nicht mit bisherigen P&P-Situationen zu vergleichen. Es macht halt Spaß, Einfluss zu haben, aber das kann dich natürlich am Tisch auch unbeliebt machen.

 

 

FORETOLD: Ich danke dir für deine Zeit und dieses tolle Interview!

 

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Über den Autor

Maurizio ist Podcaster, Hobbyfotograf und leidenschaftlicher Spielleiter. Er arbeitet als Leaddesigner an Shattered Prophecy und ist für die Entwicklung des Spiels verantwortlich. In Köln geboren und aufgewachsen studierte er dort Wirtschaftspsychologie, Germanistik, Philosophie und Game Design sowie Marketing- und Medienmanagement in Düsseldorf. Seine Vorliebe für düstere Settings, Arthaus-Filme und die New Weird-Bewegung haben ihn maßgeblich in seinen Werken inspiriert.

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